Zug um Zug

Ich sitze im Zug auf dem Weg meine Eltern zu besuchen und ich bin nervös, unausgeglichen und unsicher. Seit fast 30 Tagen habe ich nun ununterbrochen Windeln getragen und sie, bis auf einige Ausnahmen für das große Geschäft, ihrem Zweck entsprechend verwendet. Für einen Besuch meiner Eltern, habe ich mich entschieden keine zu tragen und bereits beim Antritt meiner Reise damit begonnen.

Obwohl ich mich in den letzten Wochen sehr daran gewöhnt hatte, nicht mehr die Toilette zu benutzen und es auch beim ersten, leichten Druck immer gleich habe laufen lassen, ist es nicht so, dass ich nicht mehr merke, wenn ich mal Pipi muss, es nicht mehr halten kann oder unbewusst einnässen. Ich hatte auch nicht das Gefühl, dass es mir schwerfallen würde, einige Tage ohne Windeln auszukommen.

Bereits auf dem Weg zum Bahnhof fühlte es sich ungewohnt an. Als ob ich etwas vergessen hätte, das etwas fehlte. Ich fühlte mich fast nackt, nur mit einer normalen, dünnen Unterhose und einer Slipeinlage. Dieses Gefühl verstärkte sich als ich ruhig und gemütlich im Abteil saß, die Menschen um mich herum beobachtete und ab und zu aus dem Fenster blickte. Ich musste nicht pullern, aber mich beschlich während der Fahrt eine irrationale Angst, dass meine Blase jeden Augenblick anfangen könnte, sich durch einen leichten Druck zu melden. Das tat sie vorerst nicht, aber mein Gefühl, dass ich in nächster Zeit müssen müsste (interessantes Wortgeflecht), führte dazu das ich meine Blase spürte, obwohl ich keinen Drang hatte, mich zu entleeren.

Mit einer Windel um wären mir solche Gedanken und Empfindungen sicher niemals gekommen. Ich hätte jeden Muskel in meinem Körper unbesorgt und achtlos entspannen und die Reise genießen können. Im Sitzen habe ich schon lange gelernt es einfach laufen zu lassen ohne große Anstrengung. Jetzt aber war ich verkrampft und angespannt, dass es mir fast weh tat. Immer wieder testete ich, ob ich meinen Beckenboden anspannen konnte, um im Notfall einen Unfall zu vermeiden. Das war irgendwie zermürbend, weil es zu einem Tick wurde, der irgendwann körperlich anstrengend war und meinen ganzen Geist beherrschte.

Irgendwann war ich erschöpft und konnte nicht mehr unterscheiden, ob das Gefühl im Unterleib nur die Ahnung war, dass ich gleich Wasser lassen müsste, oder ob ich wirklich einen Druck auf der Blase verspürte. Ich hatte die Zugtoilette bereits beim Besteigen der Bahn ausfindig gemacht und bemerkte während der Fahrt auch, wie sie von einigen Leuten benutzt wurde. Ich mag öffentliche Toiletten nicht. Wer tut das schon? Je stärker ich glaubte zu müssen, desto peinlicher erschien mir der Gedanke, mich zum Klo zu begeben. Jeder Fahrgast würde wissen, was ich da machte, obwohl ich selber nicht sicher war, ob überhaupt etwas kommen würde. Es war mir unangenehmer zur Toilette zu gehen, als mitten im Abteil vor anderen Leuten in die Hosen zu machen. Das fand ich schon etwas merkwürdig.

Irgendwann hielt ich diesen Zustand nicht mehr aus und stand doch auf. Natürlich war die Toilette besetzt und es wartete bereits eine Frau vor mir, dass sie frei wurde. Jetzt war ich erst recht allen Blicken ausgesetzt. Umkehren wäre aber noch peinlicher gewesen, so fand ich. Also wartete ich ebenfalls. Im Gang neben dem Klo saß auf den Seitensitzen eine Frau mit einem Kinderwagen vor sich. Darin ein vielleicht zwei oder dreijähriges Kind. Sicher trug es noch Windeln und ich beneidete es in dem Augenblick mehr als ich es sonst tat, wenn ich Mütter mit Kindern sah. Mein Blick fiel in den Transportkorb unterhalb der Kindersitzfläche und ich hätte fast einen Laut von mir gegeben. Natürlich lag dort gut erkennbar eine Packung Pampers, Feuchttücher und andere Kleindinge für Babys. Das Kleine war festgeschnallt und wirkte entspannt und ruhig. Klar, es konnte sich ja auch sehr leicht entspannten. Es hatte nicht meine Probleme und konnte gedankenlos seine Windeln benutzen, welche von der Mutter später liebevoll gewechselt würden.

Die Frau vor mir betrat die Kabine und ein typischer Geruch eines öffentlichen Klos wehte mir entgegen. Ich rümpfte unbewusst die Nase. Mittlerweile glaubte ich, dass meine Blase wirklich drückte. Alles nervte mich in dem Augenblick und ich war wütend auf mich, die Welt und alles dazwischen.

Endlich war ich dran. Ich betrat den kleinen, klaustrophobisch engen Raum, der beißend nach anderen Menschen, Ausscheidungen und Chemikalien roch. Ich muss zugeben, ich bin da etwas empfindlich. Es war alles relativ sauber und ich übertreibe bei Gerüchen immer etwas. Aber ich befand mich in einem emotionalen Zustand, bei dem ich zu heftigen Reaktionen neige.

Ich verschloss die Tür und wusste für einen Wimpernschlag lang nicht, was ich hier eigentlich wollte. Dann zog ich aber doch meine Jeans herunter. Ich hockte mich über die Schüssel und versuchte nichts in dem Raum mit irgendetwas von meinem Körper zu berühren. Das ist anstrengend und mit halb gebeugten Knien schief überhängend halte ich es auch nicht lange durch. Ich verfluchte mich nicht wenigstens für die Fahrt eine dünne Windel angezogen zu haben. Auch nach einigen Momenten der Konzentration konnte ich so verspannt nicht Pipi machen. Ich änderte meine Position und versuchte es weiter. Es dauerte ewig, ehe ich mir ein paar Tropfen abgerungen hatte und ich fühlte mich danach auch nicht entleert und entspannt. Das war also eine sinnlose Aktion und ich ärgerte mich noch mehr.

Als ich wieder zurück an meinem Platz war, hätte ich losheulen können, so deprimierend empfand ich die Situation. Den Rest der Fahrt verbrachte ich in einem seltsam stillen und dämmrigen Zustand. Ich wurde dann durch einen Umstieg abgelenkt und mein Gemüt beruhigte sich auch wieder, je näher ich meiner Geburtsstadt und meiner Familie kam.

Mein Dad holte mich vom Bahnhof ab und meine Laune hatte sich deutlich verbessert. Ich freute mich auf den Besuch, meine Eltern und meine Geschwister. Entsprechend herzlich war die Begrüßung. Auf dem Weg nach Hause hatte ich aber keine Zweifel: Ich musste mich jetzt bald wirklich sehr dringend erleichtern. Es war leichter als ich dachte es einzuhalten, auch wenn es so langsam wirklich schmerzte, aber ich schaffte es. Als wir bei meinem Elternhaus ankamen, rannte ich dann auch grußlos an meiner Mom vorbei aufs Klo und spürte seit Wochen zum ersten Mal wieder wie es ist, eine randvolle Blase schlagartig und hemmungslos zu entleeren. Meine Oberschenkel zitterten leicht und ich presste mir eine Hand auf den Mund, um nicht aufzustöhnen.

Der Rest unseres Familientreffens verlief lustig und entspannt. Ich vergaß all die schlechten Empfindungen meiner Herfahrt und fühlte mich wieder gut. Es gab nur noch einen kleinen, interessanten Zwischenfall.

Als wir Abends noch etwas fern sahen, kam diese Tena Discret Werbung, in der zwei älteren, rüstigen Frauen locker über ihre Blasenprobleme sprechen und mit einem Windelhöschen auf Konzerte gehen. Wir lästern alle gern und meine Schwester bemerkte, dass die sicher auch noch alles andere außer ihre Energie fließen lassen. Ich grinste und antwortete, dass es da wohl viele betroffene Menschen geben musste, wenn sich eine Werbung im Fernsehen lohnte. Irgendwie ist mir dann ein Satz etwas unglücklich herausgerutscht, dass ja wohl jeder schon mal den ein oder anderen Unfall gehabt hätte. Worauf meine Schwester und meine Mutter meinten, dass sie sich nicht daran erinnern könnten und fragten gleich, ob ich denn solcherart Probleme hätte. Ich muss rot geworden sein, hab es aber stotternd abgestritten. Ich versuchte meine Aussage zu relativieren, indem ich etwas davon nuschelte, dass wir ja alle auch älter werden uns so. Aber so recht überzeugen konnte ich die beiden wohl nicht. Zum Glück gingen sie aber auch nicht weiter darauf ein und ich hütete mich auch nur noch einmal in die Nähe eines solchen Themas zu geraten.

Auch die Rückfahrt verlief ohne weitere Zwischenfälle. Ich war bewusst sehr kurz vor der Abfahrt auf dem Klo und hatte es auch vermieden allzu viel zu trinken. Die Fahrt war diesmal ruhig und unanstrengend. Ich hatte mich einfach wieder daran gewöhnt, unten herum nicht mehr dick verpackt zu sein. Und es machte mir auch nichts aus.

Zu Hause angekommen, zog ich mir nach kurzem Zögern aber doch wieder eine Windel an und es fühlte sich an, als hätte ich eine wochenlange Windel-Pause gemacht. Ich fühlte mich wohl, ausgeglichen und geborgen. Dennoch habe ich beschlossen, auch immer wieder Windelpausen einzulegen. Das Gefühl nach einer Weile ohne Pampers ist sehr reizvoll und der Wechsel lässt es länger spannend bleiben.

Ich habe aus dieser Erfahrung gelernt, das ich es ab jetzt vermeiden werde, ohne eine Windel loszuziehen, wenn ersichtlich ist, dass ich den Gang zu einer öffentlichen Toilette nicht umgehen kann.

5 Gedanken zu “Zug um Zug

    • Ich muss mich entschuldigen, da ich meine fiktiven Geschichten und meine Erfahrungsberichte anscheinend nicht deutlich genug voneinander abtrennen. Ich versuche diese mit meinen bescheidenen, kreativen Mitteln durch Erzählstil, Sprachstruktur und dramaturgischen Aufbau klar voneinander unterscheidbar zu gestalten. Ich werde darüber nachdenken, wie ich das noch besser vermitteln kann.
      Dieser Beitrag ist ein einfacher Bericht meines realen Erlebnisses. Ich habe versucht meine Gefühle, welche ich in diesen Momenten spürte, in Worte zu fassen. Vielleicht erkennt ein Leser ja diese Emotionen in sich selber wieder oder kann diese nachvollziehen, um zu verstehen, daß er nicht allein ist.
      Meine Familie weiß nicht das ich eine Leidenschaft zu Windeln habe, diese trage und benutze. Ich bin nicht auf Windeln angewiesen und die gesellschaftliche Akzeptanz ist in diesem Fall einfach nicht besonders hoch. Ich stehe zu mir, meinen Gefühlen und meiner Leidenschaft. Aber ich möchte diese in meinem realen Leben auch nur mit sehr bestimmten Menschen teilen.

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  1. Avatar von Tom Tom schreibt:

    Vielen Dank für deinen Bericht! Ich erkenne mich darin absolut wieder. Obwohl ich ein „Mann“ bin vermeide ich öffentliche Toiletten wo es nur geht. Ich finde die einfach ekelhaft und gerade z.B. bei öffentlichen Veranstaltungen wenn die Besucher schon einiges getrunken haben sind die Toiletten mehr als ekelhaft!! Dazu zählen auch Zugtoiletten.Deinen Mut ohne Windel im Zug zu fahren bewundere ich, vor allem, weil Du vorher eine längere Windelphase hattest. Ich habe mich 2015 dazu entschieden meine Leidenschaft für Windeln zum Dauerzustand zu machen. Seit dem trage ich rund um die Uhr Pampers und nutze sie für das kleine Geschäft, Nr. 2 nur ganz ganz selten. Ich mag es zwar auch öfter, aber es gibt kaum Gelegenheit dazu. Pipi landet auch nicht immer in der Windel, damit die Blase etwas Training hat. ABER: ich würde nie mehr ohne Windel herumlaufen, denn ab und an und ohne Vorankündigung lasse ich es gedankenlos laufen. Das kommt so überraschend, dass ich es nicht kontrollieren kann. Nicht auszudenken, wenn ich zu diesem Zeitpunkt unter Menschen oder der Familie wäre. Bisher konnte ich die Windeln immer vor allen verstecken, zum Glück. Ich stehe auch zu meiner Leidenschaft und es tut mir wie dir sehr gut, aber mit Bekannten oder Unbekannten mag ich das nicht teilen.

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    • Vielen lieben Dank für deine tollen Kommentare und die Beschreibungen deiner Erlebnisse. Ich finde es toll, dass du deine Leidenschaft so auslebst wie es dir gefällt und es dir guttut. In letzter Zeit drängt und zieht ein Gefühl stark in mir auch über eine längere, vielleicht nicht absehbare Zeit Windeln zu tragen. Ab liebsten sie tragen zu müssen, weil mein Partner das von mir verlangt. Deswegen verfolge ich zurzeit auch eine Windeldisziplin. Es ist noch nicht ganz wie ich es mir vorgestellt habe, aber ich arbeite daran.

      Auf jeden Fall freue ich mich sehr über deine Beiträge und lese sie mit wachsender Begeisterung.

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      • Avatar von Tom Tom schreibt:

        Vielen Dank, dass Du meine Beiträge mit wachsender Begeisterung liest. Bisher habe ich mich im Internet bezüglich meiner Vorliebe sehr zurückgehalten und immer nur passiv agiert. Dein Blog und deine offene und warme Art zu schreiben haben mich dazu bewegt es auch zu wagen. Vielen Dank dafür!!

        Ich kann dich nur ermutigen, es auszuprobieren, wie es ist immer Windeln zu tragen und die Option zu haben sie zu nutzen. Ich bereue es bis heute nicht. Bei mir hat es sogar für mehr Selbstbewusstsein und Stressminderung gesorgt. In beruflichen Situationen wie z.B. Vorträge vor Anderen Personen sorgen die Windeln bei mir für mehr Sicherheit. 

        Windeldisziplin habe und möchte ich wegen der persönlichen Situation meiner Frau nicht ausprobieren.

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